Stellungnahme ACHSE zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Pflegekompetenz

alternativ: Pflegekompetenzgesetz

(Pflegekompetenzgesetz – PKG)

vom 03.09.2024

Die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e.V. begrüßt grundsätzlich den Entwurf des oben genannten Gesetzes zur Stärkung der Pflegekompetenz.   

Die geplante Erweiterung der heilkundlichen Vorbehaltsaufgaben für Pflegefachkräfte im Rahmen des Pflegekompetenzgesetzes sowie die Unterstützung von pflegenden Angehörigen sind wesentliche Schritte zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung. Gleichzeitig birgt diese Reform auch Herausforderungen, insbesondere für Menschen mit Seltenen Erkrankungen und deren Familien.

1. Erweiterte heilkundliche Leistungen (Vorbehaltsaufgaben): Die ACHSE fordert, dass heilkundliche Vorbehaltsaufgaben nur dann auf Pflegefachkräfte übertragen werden, wenn deren Aus-, Fort- und Weiterbildung spezifisch die Versorgung von Menschen mit Seltenen Erkrankungen berücksichtigt. Dies ist wichtig, um sicherzustellen, dass diese Patientengruppe nicht benachteiligt wird. Folgende Maßnahmen sind entscheidend:

  • Integration Seltener Erkrankungen in die Curricula: Die Ausbildung von Pflegefachpersonen sollte gezielt um Inhalte zu Seltenen Erkrankungen, insbesondere zu den Bereichen Stoffwechsel, chronische Wunden und Demenz, erweitert werden. Dies verbessert die Vorbereitung auf spezifische pflegerische Herausforderungen.
  • Pflichtfortbildungen für Pflegefachpersonen: Verpflichtende Fortbildungsprogramme sollten entwickelt werden, die auf die besonderen Anforderungen von Menschen mit Seltenen Erkrankungen ausgerichtet sind. Solche Programme fördern die fachliche Kompetenz und die Qualität der Pflege.
  • Kompetenzvermittlung bei Vorbehaltsaufgaben: Da zu den Vorbehaltsaufgaben sehr verantwortungsvolle Tätigkeiten, wie beispielsweise die Feststellung des individuellen Pflegebedarfs und die Steuerung des gesamten Pflegeprozesses sowie die Sicherung der Qualität zählen, fordert die ACHSE, dass die entsprechend notwendigen Kompetenzen bei diesen Aufgaben auch hinsichtlich Seltener Erkrankungen vermittelt werden – sowohl durch die Aus-, Fort- als auch Weiterbildung.

 

2. Herausforderungen in der Aus-, Fort- und Weiterbildung: Der Fokus der aktuellen Pflegeausbildung liegt überwiegend auf häufigen Krankheitsbildern, während Seltene Erkrankungen oft unzureichend behandelt werden. Dies führt zu einer Versorgungsungleichheit. Pflegefachpersonen, die zusätzliche heilkundliche Aufgaben übernehmen, benötigen daher eine fundierte Ausbildung, um die Versorgungssicherheit für alle Patientengruppen zu gewährleisten.

Die ACHSE fordert, konkrete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass heilkundliche Vorbehaltsaufgaben nur von entsprechend qualifizierten Pflegefachpersonen durchgeführt werden, insbesondere in der Versorgung von Menschen mit seltenen und komplexen Erkrankungen.

 

3. Forderung zur Stärkung der pflegenden Angehörigen von Kindern und Jugendlichen mit Seltenen Erkrankungen: Familien, die Kinder und Jugendliche mit Seltenen Erkrankungen pflegen, stehen vor erheblichen Herausforderungen. Um diese Familien zu entlasten, fordert die ACHSE folgende Maßnahmen:

  • Bürokratieabbau und flexibler Zugang zu Entlastungsleistungen: Vereinfachte Zugänge zu Entlastungsangeboten sind notwendig, um den betroffenen Familien zeitnah die notwendige Unterstützung zu bieten, siehe hierzu auch Punkt 4.
  • Erweiterung der Pflegeberatung: Pflegeberatende sollten betroffene Familien im komplexen Pflegesystem unterstützen und ihnen helfen, Leistungen unkompliziert zu beantragen und zu bekommen. Dies sorgt für mehr Effizienz und Klarheit in der Pflegeorganisation.

 

4. Flexible und entbürokratisierte Entlastungsangebote: Pflegende Angehörige und Familien benötigen dringend Unterstützung, da die aktuellen Entlastungsangebote oft starr und bürokratisch sind. Die ACHSE fordert daher:

  • Flexibilisierung der Entlastungsleistungen: Angehörige und Familien sollten die Möglichkeit haben, Entlastungsangebote bedarfsgerecht und unkompliziert in Anspruch zu nehmen.
  • Bürokratieabbau: Der Zugang zu Entlastungsleistungen muss vereinfacht werden, um unnötige Hürden zu vermeiden. In diesem Zusammenhang wäre es sinnvoll, eine einheitliche Lösung auf Bundeslandebene zu etablieren, die sich an dem Modell des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen orientiert. NRW hat mit seiner flexibleren Regelung zu den §45b-Leistungen (Entlastungsleistungen) darauf hingewiesen, dass ein solches System sowohl für die Betroffenen als auch für die Verwaltung effizienter und zugänglicher ist.
  • Erweiterung der zugelassenen Anbieter: Angehörige und Familien sollten nicht auf bestimmte staatlich anerkannte Anbieter beschränkt sein, sondern auch lokale und individuelle Unterstützungsangebote nutzen können.

 

Die ACHSE fordert, um eine qualitativ hochwertige und inklusive Pflege für alle Patientengruppen zu gewährleisten, ist es entscheidend, die geforderten Maßnahmen in die bestehenden Gesetze aufzunehmen. Nur durch gezielte Schulungen, den Abbau bürokratischer Hürden und eine Bundesland einheitliche Lösung, die sich an dem erfolgreichen Beispiel Nordrhein-Westfalens orientiert, können wir die Versorgungssicherheit für Menschen mit Seltenen Erkrankungen und deren pflegenden Angehörigen nachhaltig verbessern.

 

Berlin, 23. September 2024
ACHSE e.V.

 

Kontakt

Dr. med. Christine Mundlos

stellvertretende Geschäftsführerin/ ACHSE Lotsin für Ärzte und Therapeuten/ Leiterin ACHSE Wissensnetzwerk und Beratung
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Kontakt

Nicole Heider, M.Sc. Pflege

ACHSE-Beraterin für Betroffene und Angehörige
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