Eva Luise Köhler Forschungspreis für Seltene Erkrankungen 2015

Zwei Kinderärzte werden für wegweisende Forschung ausgezeichnet

In diesem Jahr hatte Eva Luise Köhler die Ehre, gleich zwei herausragende Wissenschaftler mit dem nach ihr benannten Forschungspreis für Seltene Erkrankungen zu ehren. Das Team um Prof. Dr. Heymut Omran aus Münster erhält den mit 50.000 Euro dotierten Preis für seine Forschung zu den Ursachen der primären Cilien Dyskinesie, einer seltenen Lungenerkrankung. Der mit 15.000 Euro dotierte Anerkennungspreis für Nachwuchswissenschaftler geht an Dr. Stephan Lobitz von der Berliner Charité. Gemeinsam mit seinem Team plant er ein Projekt zur frühen Diagnostik einer seltenen angeborenen Bluterkrankung, der Sichelzellanämie.

Die Preisverleihung

Der Eva Luise Köhler Forschungspreis für Seltene Erkrankungen wurde in diesem Jahr zum achten Mal von der Eva Luise und Horst Köhler Stiftung in Kooperation mit der ACHSE verliehen. An der Preisverleihung an der Berliner Charité nahmen neben dem Bundespräsidenten a.D. Professor Horst Köhler auch der Bundesminister für Gesundheit Hermann Gröhe und die Bundesministerin für Bildung und Forschung Prof. Dr. Johanna Wanka teil.

In seinen Grußworten verwies Hermann Gröhe u. a. auf den Forschungsbedarf und die noch bestehenden Versorgungsschwierigkeiten im Bereich der Seltenen Erkrankungen:
„Die rund vier Millionen Patienten mit Seltenen Erkrankungen in Deutschland brauchen unsere Aufmerksamkeit, um Forschung, aber auch die Versorgung gezielt zu verbessern."

Die beiden ausgezeichneten Forschungsprojekte können einen ganz entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Gesundheit und der Lebensqualität von betroffenen Kindern und Jugendlichen leisten.

Forschung an einer Seltenen Lungenerkrankung - das ausgezeichnete Projekt von Prof. Dr. Heymut Omran

Der Kinderarzt Prof. Dr. med. Heymut Omran von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Münster wurde für sein Projekt „Verbesserung der Diagnostik und Therapie der Primären Ziliären Dyskinesie (PCD)“ mit dem mit 50.000 Euro dotierten Eva Luise Köhler Forschungspreis ausgezeichnet. Durch verschiedene Gendefekte sind bei der seltenen Erkrankung PCD die Zilien, besser bekannt als Flimmerhärchen, in ihrer Funktion gestört. Zilien sind unter anderem dafür verantwortlich, die Atemwege zu reinigen. Kinder mit PCD leiden von Geburt an Schnupfen, feuchtem Husten und Mittelohrentzündung, also klassischen Erkältungssymptomen, die jedoch bleibende Schäden der Lungenfunktion hinterlassen. Bisher durchliefen die Patienten eine jahrelange Odyssee bis zur Diagnose, nicht selten wurden sie erst bei vollständigem Lungenversagen diagnostiziert – sprich zu spät. Wenn der Verdacht von PCD vorliegt – die Krankheit tritt bei 1 zu 20.000 Neugeborenen auf -, können Professor Omran und sein Team nun mit Hilfe einer genetischen Untersuchung und einer Eiweißuntersuchung 30 charakterisierte Defekte identifizieren, die zur PCD führen. Da Eiweiße den Bewegungsablauf der Flimmerhärchen steuern, können hier mittels einer relativ unaufwendigen Fluoreszenzmikroskopie eindeutige Aussagen getroffen werden. Eine frühzeitige Therapie und Behandlung der Symptome wird dadurch gewährleistet und Leben gerettet.
„Wir sind froh und dankbar über diese große Anerkennung. Mit Hilfe des Preisgeldes können wir nun unsere Patientenregister, die wir europaweit anlegen, erweitern, noch mehr Menschen für unsere Studien rekrutieren, um unsere Diagnoseverfahren weiterhin zu verbessern und weitere Gendefekte zu identifizieren.“, so Professor Omran auf der Preisverleihung.
„Ich beglückwünsche Professor Omran und sein Forscherteam aus Münster für ihr vorbildliches Projekt, das den Betroffenen direkt zugute kommt. Außerdem erzielen Sie durch die Erforschung der Flimmerhärchen fundamentale biologische und evolutionäre Erkenntnisse, die auch anderen Bereichen in der Medizin und Wissenschaft und schließlich dem Menschen helfen.“
, so Eva Luise Köhler in ihrer Laudatio.

Frühdiagnostik einer seltenen Bluterkrankung - der Nachwuchspreis für das Team von Dr. Stephan Lobitz

Der Anerkennungspreis über 15.000€ ging an Dr. med. Stephan Lobitz, MSc von der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Onkologie und Hämatologie der Charité - Universitätsmedizin Berlin. Seine Arbeitsgruppe weist mit dem Projekt „Universelles Neugeborenenscreening auf Sichelzellkrankheiten mit Hilfe der Tandemmassenspektronomie“ auf eine in Deutschland bestehende Versorgungslücke hin. Die Sichelzellkrankheit tritt bei Einwanderern aus Zentral- und West-Afrika, den Ländern des östlichen Mittelmeerraums, Zentralasiens und Amerika auf. Sie ist eine erbliche Erkrankung des Blutes, die die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) betrifft. Der rote Blutfarbstoff (Hämoglobin) ist krankhaft so verändert, dass aus den runden, glatten, weichen und gut im Blutstrom beweglichen roten Blutkörperchen spitze, harte, lange Zellen werden, die wie Sicheln aussehen und deshalb Sichelzellen genannt werden. Sichelzellen werden vom Körper schneller abgebaut als gesunde rote Blutkörperchen, dies führt zur Blutarmut (Anämie). Außerdem können sie durch ihre Form in Gefäßen vieler Organe hängen bleiben und die Gefäße verstopfen. Sauerstoffmangel verursacht Gewebszerstörung, die große Schmerzen auslöst.

Sehr einfache Maßnahmen können Eltern dabei unterstützen, eine akute Blutarmut zu erkennen und Infektionen vorzubeugen und damit die Sterblichkeit der Kinder zu reduzieren. Voraussetzung ist jedoch, dass den Eltern die Erkrankung bekannt ist. Mit einem Neugeborenenscreening ließe sich diese Wissenslücke schließen. Voraussetzung dafür ist, dass sich die im deutschen Neugeborenenscreeening-Programm gängige Labormethodik auf die Sichelzell-Anämie anwenden lässt. Dies möchten Dr. Lobitz und sein Team mit ihrem Projekt untersuchen. „Deutschland ist stolz darauf, ein Einwanderungsland zu sein. Manche Erkrankungen treten aber einfach häufiger bei Einwanderern auf und darauf müssen wir uns im Gesundheitswesen einstellen. Ein Neugeborenenscreening auf Sichelzellkrankheiten ist in Deutschland schon lange überfällig. Andere europäische Länder und die USA screenen teilweise schon seit Jahrzehnten.“, so Dr. Lobitz in seiner Dankesrede.

Die schönsten Momente in Bildern (Fotos Peter Himsel)

Eine Podiumsrunde führte näher in die Erkrankungen, die Forschungsprojekte und die Forderungen der ACHSE als Stimme der Seltenen ein, hier: Anika Gonther mit Max und Prof. Dr. Heymut Omran
Dr. Stefan Lobitz zeigt seine Urkunde: Für seine Projekt zur frühen Diagnostik der seltenen angeborenen Bluterkrankung, Sichelzellanämie, wurde er mit einem Anerkennungspreis von 15.000 Euro ausgezeichnet.
Die Sichelzellanämie ist eine seltene Bluterkrankung, für deren Früherkennung sich einer der Preisträger engagiert. Elisabeth Yeboah kam mit ihrem betroffenen Sohn; sie ist selbst sehr engagiert im ACHSE-Mitgliedsverein Interessengemeinschaft Sichelzellkrankheit und Thalassämie e.V.

Die Presseinformationen zum Download erhalten Sie hier. Bei Bedarf stellen wir Ihnen gerne Fotomaterial zur Verfügung und vermitteln zu den Interviewpartnern.

Porträtfoto der Schirmherrin der ACHSE, Eva Luise Köhler

Zitat Köhler


“Menschen mit einer chronischen seltenen Erkrankung haben eine besonders schwere Lebenssituation zu meistern. Für die Arbeit der ACHSE bitte ich Sie um Ihre Unterstützung.”
Eva Luise Köhler, Schirmherrin der ACHSE