Zum 5. Mal verlieh Eva Luise Köhler den nach ihr benannten und mit 50.000 Euro dotierten Forschungspreis für Seltene Erkrankungen. Er ging an den Kinderarzt Dr. Oliver Semler und sein interdisziplinäres Forscherteam von der Universitätsklinik Köln für das Projekt „Translationale Therapie bei Osteogenesis Imperfecta (OI)“
Die Forscher haben eine neue Form der Osteogenesis Imperfecta entdeckt, im Volksmund auch als Glasknochenkrankheit bekannt, weil die Knochen der Betroffenen ähnlich schnell brechen wie Glas. Die Wissenschaftler untersuchen in dem Forschungsprojekt die Wirkung einer neuartigen medikamentösen Therapie. Das interdisziplinäre Forscherteam bestehend aus Kinderarzt Dr. Semler, Humangenetiker PD Dr. Christian Netzer sowie Tanja Petersen und Prof. Dr. Eckhard Schönau von der Rehabilitationseinrichtung Unireha, zeigt beispielhaft, wie wichtig enge Zusammenarbeit der Grundlagenforschung mit der klinischen Forschung zur Verbesserung der Patientenversorgung ist.
„Nur die gemeinsame Betreuung von Patienten in einem großen Versorgungszentrum mit bundesweitem Einzugsgebiet ermöglicht es, bei Seltenen Erkrankungen Besonderheiten der einzelnen Patienten zu erkennen und daraus eine individualisierte Therapie abzuleiten“, so der 37-jährige Mediziner.
In Deutschland leben rund 5000 Menschen mit der angeborenen Erkrankung der Osteogenesis Imperfecta. Das gravierendste Symptom sind Brüche der Extremitätenknochen aufgrund einer verminderten Knochenmasse. Osteoklasten, Zellen, die im Knochenmark entstehen, bauen die gestörte Knochensubstanz der Betroffenen zu schnell ab. Patienten mit einer schweren Form der Erkrankung werden seit etwa 15 Jahren medikamentös mit Bisphosphonaten behandelt. Indem die Aktivität der Osteoklasten gehemmt wird, kann die Therapie die Knochenmasse steigern, die Zahl der Brüche senken und damit die Mobilität fördern. Bisphosphonate bleiben jedoch über viele Jahre an den Knochen gebunden.
Genetische Untersuchungen zeigten, dass eine Mutation in einem bestimmten Gen (SERPINF1) für diese Form der OI verantwortlich ist. Obwohl die Patienten die Symptome einer klassischen OI aufweisen, liegt bei ihnen eine andere biologische Störung vor. In ihrem Projekt möchte die Kölner Forschergruppe einen neuen Antikörper, der zur Behandlung der Altersosteoporose zugelassen ist, bei Kindern und Jugendlichen mit OI untersuchen. Durch den Antikörper, der unter die Haut gespritzt wird, werden weniger Osteoklasten gebildet und die vorhandenen Osteoklasten in ihrer Aktivität gemindert. Der Vorteil des Antikörpers ist, dass er nach einigen Monaten komplett abgebaut ist.
Viele der über 6.000 seltenen Erkrankungen bedeuten für den Patienten eine deutliche Verminderung der Lebensqualität und der Lebensdauer. Durch den Mangel an Forschung fehlen den „Waisenkindern der Medizin“ Medikamente und Therapien.
Mit dem Eva Luise Köhler Forschungspreis soll die Durchführung bzw. Anschubfinanzierung eines am Patientennutzen orientierten Forschungsprojektes im Bereich der Seltenen Erkrankungen ermöglicht werden. Der Forschungspreis macht zudem Wissenschaft, Industrie und Gesellschaft darauf aufmerksam, dass die Forschung zu den vordringlichsten Aufgaben der Gesundheitspolitik gehören sollte.
Zur Vertiefung ihres Engagements für die Belange von Menschen mit seltenen Erkrankungen initiierte Bundespräsident Horst Köhler a.D. im Jahre 2006 gemeinsam mit seiner Frau Eva Luise die Eva Luise und Horst Köhler Stiftung für Menschen mit Seltenen Erkrankungen. Die Stiftung setzt sich in enger Kooperation mit der ACHSE, deren Schirmherrin Eva Luise Köhler ist, für die Forschung auf dem Gebiet der seltenen Erkrankungen ein. Im Jahr 2007 lobte die Stiftung erstmals den mit 50.000 Euro dotierten Eva Luise Köhler Forschungspreis aus.
“Menschen mit einer chronischen seltenen Erkrankung haben eine besonders schwere Lebenssituation zu meistern. Für die Arbeit der ACHSE bitte ich Sie um Ihre Unterstützung.”
Eva Luise Köhler, Schirmherrin der ACHSE