Berlin, 10.07.2015 - Begleitet von tosendem Applaus präsentierten am Donnerstagabend auf dem Laufsteg der Berliner Fashion Week am Brandenburger Tor erstmals Menschen mit Kleinwuchs Mode eigens für sie. Die acht jungen Frauen und Männer trugen moderne, dezent gemusterte Sakkos, Sommerkleider, Hemden, Hosen und Shirts in Naturtönen, Dunkelblau oder Weinrot – alles alltagstauglich, chic und aus „Öko Fairtrade-Materialien“. „Auf Augenhöhe“ heißt diese Kollektion von Sema Gedik, die sie für Menschen, die eben nicht die gängige Konfektionsgröße haben, entworfen und genäht hat. Von der Modeindustrie wird diese Zielgruppe bisher ignoriert. Die 25-jährige Sema Gedik ist eine von 15 ausgezeichneten Absolventinnen und Absolventen der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW), die ihre Kollektionen im Rahmen der Fashion Week zeigen durften.
„Ich bin stolz, Teil dieses Projektes zu sein“, sagt Laura Christ, eines der „Models“. Die 20-Jährige gehört zu den rund 100.000 Menschen mit Kleinwuchs, die geschätzt in Deutschland leben. Mit einer Körpergröße von 1,30 Meter ist Laura eine Ausnahme auf dem Laufsteg. Erwachsene kleinwüchsige Menschen sind zwischen 70 cm und 150 cm groß, wobei die Ursachen der Wachstumsstörungen sehr vielfältig sind. Rund 650 verschiedene Formen von Kleinwuchs sind heute bekannt. Menschen mit Kleinwuchs haben viele Probleme, neben Diskriminierung, auch so alltägliche wie z.B. passende Kleidung zu finden. Oft müssen Kleidungsstücke umgenäht oder teuer maßgeschneidert werden.
Sema Gedik will das ändern: „Menschen mit Kleinwuchs, sollten auch in der Mode gleichberechtigt behandelt werden“, sagt sie. „Mode soll nicht an sozialen Dimensionen scheitern. Wir leben in einer Gesellschaft, in der man etwas wagen muss.“ Deshalb hat die Jungdesignerin bis dato 250 kleinwüchsige Menschen "vermessen", um Konfektionsgrößen völlig neu zu berechnen.
Kennengelernt hat sie Laura und die anderen über den Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien (BKMF) e.V. Der Verein setzt sich seit vielen Jahren dafür ein, dass die Person, nicht ihre Körpergröße im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht. „Kleinwüchsige Menschen wollen und können gleichberechtigte Partner in der Gesellschaft sein, die Gesellschaft muss dies nur annehmen“, lautet ein Leitsatz des Selbsthilfevereins, für den auch Laura Christ und ihre Familie sich seit Jahren engagieren.
Im Sommer wird Gedik ihre "Vermessung" im Ausland fortführen. Ihr Ziel ist es, eine internationale Konfektionstabelle anzufertigen. Modische Kleidung, die passt, soll für alle Menschen selbstverständlich sein. Das ist ein Grund, warum Laura Christ seit der ersten „Vermessung“ bis heute mitmacht. Für sie ist das Projekt ein Schritt in Richtung Inklusion. Lauras Traum wäre eine Modenschau nur für ihre Zielgruppe, vielleicht in Mailand, Paris oder New York. Der Traum, gemeinsam mit Sema Gedik auf der Fashion Week, den Laufsteg zu erobern, ist ihr erfüllt worden, dank des Vereins HERZENSWÜNSCHE e.V., in Zusammenarbeit mit ACHSE. Denn eigentlich ist Laura Christ für ein Freiwilliges Soziales Jahr in Mexiko und hätte sich keinen Hin- und Rückflug leisten können. Nach Mexiko fliegt sie am Sonntag wieder zurück.
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